Die Moses Mendelssohn Akademie
Stiftung Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt
Durch das Engagement Halberstädter Bürger:innen, die sich seit 1990 im „Verein zur Bewahrung und Fortentwicklung jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung“ organisiert hatten, entstand 1996 die Stiftung Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt (MMA). Stifter war der Berliner Dipl. Kfm. Manfred Wolff, der durch seine Freundschaft mit dem aus Halberstadt stammenden Raphael Nussbaum eine besondere Beziehung zu der Stadt und deren jüdische Geschichte hat. Spiritus Rector für die inhaltliche Ausrichtung war und ist Prof. Dr. Julius H. Schoeps.
Erstes Ziel der Stiftung war die Rettung des ehemaligen jüdischen Gemeindezentrums von Halberstadt. Dazu gehören die „Klaus,“ also das ehemalige jüdische Lehrhaus mit Synagoge, im Rosenwinkel, das Kantorhaus in der Bakenstraße mit dem dahinter gelegenen Ort der zerstörten Barocksynagoge und das rituelle Tauchbad (Mikwe) in der Judenstraße. Mit Förderung durch Modellstadtmittel, Mittel der Bundesstiftung Umwelt sowie privaten Mitteln werden die Gebäude in dem Zeitraum 1997 – 2002 restauriert. Die Nutzung der Gebäude soll der Vermittlung von Kenntnissen über Grundlagen des Judentums sowie europäisch – jüdische Geschichte und Kultur dienen.
Die Stiftung Moses Mendelssohn Akademie ist seit 1996 Eigentümerin der o. g. Immobilien.
Über die Rettung der Gebäude hinausgehend ist die Zielsetzung der Stiftung, das in Jahrhunderten entstandene reiche jüdische Erbe Halberstadts zu erforschen und sichtbar zu machen, nachdem es seit der Vernichtung der Gemeinde im nationalsozialistischen Deutschland kaum Anerkennung erfuhr.
Die Vermittlung erfolgt auf vielfältige Art und Weise: Vorträge, Stadtspaziergänge, Studienreisen, Theater-, Film- und Konzertaufführungen, Publikationen sowie Ausstellungen. Darüber hinaus organisiert die Stiftung Moses Mendelssohn Akademie als Begegnungs- und Tagungsstätte wissenschaftliche Konferenzen, Workshops, und Begegnungen/Kooperationen, wie die Schulpartnerschaft zwischen dem Landesmusikgymnasium Sachsen – Anhalt in Wernigerode und der Academy for Music and Dance in Jerusalem.
2001 gründete die MMA im ehemaligen rituellen jüdischen Tauchbad (Mikwenhaus) in der Judenstraße 25/26 das Berend Lehmann Museum für jüdische Geschichte und Kultur.
2021 unterzeichnet die Moses Mendelssohn Akademie einen Kooperationsvertrag mit der Hochschule Harz. Seitdem ist Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen eingesetzte Direktorin der Moses Mendelssohn Akademie.
Konferenz: " Geraubte Bücher: Zur restlosen Verwertung des Vermögens deportierter Juden und deren Büchern als letztes Zeugnis ihrer Identität" - 09.09.2025 in der Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt
Die Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt hat über drei Jahre ein Konvolut von Büchern erforscht, das nach dem Ende des 2. Weltkrieges bei Aufräumarbeiten in der Synagoge am Fraenkelufer in Berlin gefunden worden ist. Darin haben wir mehr als 300 Namen gefunden. Es handelt sich bei vielen um deportierte Jüdinnen und Juden, deren Vermögen enteignet und verwertet worden ist. Dank unserer wissenschaftlichen Recherchen können wir für einige von ihnen den bürokratischen Weg der Vermögensentziehung und -enteignung nachvollziehen. Damit konnten wir einen wichtigen Beitrag zur Provenienzforschung zu Büchern leisten, die bisher eher aus der Perspektive von Bibliotheken erfolgt ist. Wir freuen uns, dass wir Frau Elena Schott gewinnen konnten, die mit Frau Dr. Gibas zu den Bibliotheken in Sachsen-Anhalt geforscht hat.
Link zum Konferenzprogramm:
Offene jüdische Häuser 2025
Jüdinnen lebten bis zu ihrer Vertreibung oder Deportation als Nachbarn von nicht-jüdischen Bürger*innen in den Städten. Sie waren in die Nachbarschaften integriert. Überschattet von der Erfahrung des Holocaust ist diese Tatsache vielfach aus dem Bewusstsein verschwunden. Das Projekt „Offene jüdische Häuser – Zu Gast bei …“ macht die frühere jüdische Nachbarschaft deutlich, indem heutige Bewohner*innen der Häuser oder Wohnungen ein Plakat im Fenster anbringen, das mitteilt, welche jüdische Familie dort gelebt hatte.
Die Adressen der damaligen jüdischen Bürger*innen sind auf der Homepage des Berend Lehmann Museums und der Homepage der Stadt Halberstadt zugänglich. Interessierte Halberstädter*innen können entsprechende Plakate in der Klaus, Rosenwinkel 18 erhalten.
Die Halberstädter Volksstimme, die Mitteldeutsche Zeitung und der MDR begleiten das Projekt und machen auf die Plakataktion aufmerksam
Darüber hinaus sind ausgewählte Wohnungen oder Geschäftslokale zu vereinbarten Zeiten offen für Besucher*innen. Es finden dort Gespräche statt über die früheren jüdischen Bewohner*innen, historische Fotos können angeschaut werden, vielleicht sind Nachfahr*innen der jüdischen Familien zu Gast und stehen für Gespräche zur Verfügung, es kann ein Hauskonzert aufgeführt werden oder eine Lesung. Es findet ein aktives Erinnern statt.
Durch „Offene jüdische Häuser – Zu Gast bei…“ wird Geschichte lebendig. Jeder ist willkommen um zuzuhören, selbst zu erzählen und zu Erinnerungen beizutragen.
2025 steht der Adressbuchjahrgang 1905 im Mittelpunkt. Er wurde ausgewählt, weil in diesem Jahr das Städtische Museum Halberstadt gegründet wurde. Bei der Entstehung des Museums hatten sich auch jüdische Bürger engagiert. Vor allem Hermann Schwab ist hier zu nennen. Im Kontext der Museumsgründung verfasste er im Auftrag der Stadt zur Förderung des Tourismus einen „Literarischen Stadtführer“, der in mehreren Auflagen erschien und letztendlich auf 30.000 Exemplare kam. In der Jubiläumsausstellung des Städtischen Museum wird mit einer Tafel explizit an Hermann Schwab und sein Engagement erinnert.
Hermann Schwab wurde 1879 in Frankfurt/a. M. geboren. Ab 1894 war er für das Halberstädter Unternehmen „Aron Hirsch & Sohn“ tätig; erst im Messingwerk bei Eberswalde, ab 1902 in der Halberstädter Zentrale. Schon in seiner Schulzeit in Frankfurt/a. M. hatte Schwab Theaterrezensionen geschrieben, darunter für die renommierte Frankfurter Zeitung. Dies führte Schwab in Halberstadt neben seiner kaufmännischen Tätigkeit fort. Als das Unternehmen Hirsch 1927 den Standort Halberstadt aufgab, machte Schwab die Nebentätigkeit zu seinem Hauptberuf, indem er den „Mitteldeutschen Presse- und Bilderdienst“ gründete. Durch die schon bestehenden Kontakte in die Welt der Presse machte seine Agentur schnell Furore. Endgültig wurde Schwab bekannt, nachdem er exklusiv über die Explosion eines Autos mit Raketenantrieb bei einer Testfahrt bei Blankenburg/Harz berichtet hatte und der „Raketenmann“ war. Durch die nationalsozialistische Gesetzgebung gezwungen, musste Schwab seinen Pressedienst 1934 einstellen. Mit seiner Frau Dina und der Tochter Ady emigrierte Schwab in demselben nach London zu seinem Sohn Sol. In England gründete Schwab noch einmal eine Presseagentur, die aber nie an die Erfolge des „Mitteldeutschen Presse – und Bilderdienstes“ heranreichte.
Halberstadt und die neo-orthodoxe Ausrichtung der jüdischen Gemeinde blieben auch in der Emigration zentrale Themen für Schwab. Zur Dokumentation des Aufkommens des Nationalsozialismus in Halberstadt verfasste Schwab 1953 ein fiktives Tagebuch mit dem Titel „1933“. 1962 verstarb Hermann Schwab in London.
Stiftungszwecke
Erhalt historischer Gebäude
Die „Klaus“ ehemaliges jüdisches Lehrhaus.
Das Kantorhaus.
Das Mikwenhaus – Berend Lehmann Museum.
Forschung
Es wird zu verschiedenen Themen und Bereichen der Entwicklung des deutschen Judentums in Mitteldeutschland geforscht, z.B. der Neo-Orthodoxie.
Archiv und Bibliothek
Es existiert eine immer weiter wachsende Bibliothek sowie ein Archiv im Gebäude der Klaus.
Durch einen geplanten Neubau soll hierfür mehr Platz gewonnen werden.
Veranstaltungen
Die Moses Mendelssohn Akademie organisiert regelmäßig Veranstaltungen zur Weiterbildung.
Stiftungsmitglieder
Stiftungsvorstand
Jutta Dick
Kuratoriumsmitglied
Prof. Dr. Joachim Leonhardt, stellv. Vorsitz | Deutsche Bischofskonferenz
Stiftungsvorstand
Jörg Felgner
Kuratoriumsmitglied
Thomas Balcerowski | Landrat, Landkreis Harz
Stiftungsvorstand
Sahra Stahlberg
Kuratoriumsmitglied
Dr. Josef Schuster | Zentralrat der Juden in Deutschland
Direktorin
Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen
Kuratoriumsmitglied
Dipl. Kfm. Manfred Wolff | Stifter
Kuratoriumsmitglied
Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Vorsitz
Kuratoriumsmitglied
Dr. Christian Staffa | EKD
Kuratoriumsmitglied
Dr. Elke - Vera Kotowski | Moses Mendelssohn Stiftung
Kuratoriumsmitglied
Daniel Szarata | Oberbürgermeister der Stadt Halberstadt
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Stiftung Moses Mendelssohn Akademie
Kontonr. 341 761 079 | BLZ 810 520 00 | Harzsparkasse
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