Bibliotheken & Datenbanken
Im Berend Lehmann Museum und der der Moses Mendelssohn Akademie widmen wir uns unterschiedlichen Forschungsprojekten zum deutschen Judentum, vor allem der Halberstädter Gemeinde. Über die Jahre seit der Entstehung der Moses Mendelssohn Akademie sind unterschiedliche Bibliotheken, teils aus Nachlass, teils als Leihgabe in unseren Besitz gekommen.
Für eine nachhaltige Dokumentation sind wir im Aufbau unserer Digitalen Datensammelbank.
Bibliotheken
Exil-Bibliothek des österreichisch-israelischen Historikers Walter Grab:
Walter Grab war ein jüdischer Emigrant aus Österreich, der sich in Palästina niederließ. Er studierte Geschichte und Anglistik, wurde politisch aktiv und setzte sich für demokratische Ideale ein. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland promovierte er und wurde Professor für Geschichte. Seine Forschung konzentrierte sich auf demokratische Bewegungen in Deutschland und Heinrich Heine als politischen Dichter. Grab war ein engagierter Gegner von Menachem Begin und Ariel Sharon und beteiligte sich an Protesten gegen Atomwaffen. Sein Leben und Werk werden weiterhin erforscht und diskutiert.
Umfang der Bibliothek:
Bibliothek der ehemaligen jüdischen Gemeinde Ostberlin:
Nach der Wiedervereinigung zwischen der BDR und DDR wurde die Bibliothek der jüdischen Gemeinde Westberlin zur Hauptbibliothek. Einige der Bände der jüdischen Gemeinde Ostberlin wurden in deren Bestand aufgenommen. Ein Teil dieser Bibliothek kam in den Besitz der Moses Mendelssohn Akademie in Halberstadt.
Das Forschungsprojekt „Buchbestand Ernst Wolff" (Projektleitung Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen)
Der spätere Filmunternehmer Ernst Wolff (1903–1963) hat nach Ende des 2. Weltkrieges im Frühjahr 1947 bei Aufräumarbeiten kurz vor der Wiedereröffnung der Jugendsynagoge am Kreuzberger Fraenkelufer Bücher gefunden, die Juden vor deren Deportation entzogen worden sind. Dieser Teil des Synagogengebäudes war seit 1943 durch den Kunst- und Raubguthändler Rudolf Sobczyk (1893-1975) als Lager und Verkaufsraum für Wohnungseinrichtungen aus der Vermögensverwertung deportierter Berliner Jüdinnen und Juden missbraucht worden.
Nach dem Tod von Ernst Wolff übernahm dessen Erbe Manfred Wolff den inzwischen eingelagerten Buchbestand und übergab ihn 2018 zur wissenschaftlichen Aufarbeitung an die Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt. Der von Manfred Wolff an die MMA gestiftete Bestand umfasst ca. 3500 Bände sowie mehrere hundert archivalische Einlagen. Bibliographisch besteht der Bestand aus Alltags- und Gebrauchsbüchern aus hauptsächlich privaten Kontexten.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Nora M. Kissling (Berlin) wird zunächst die bibliothekarische und archivalische Erfassung des Bestandes durchgeführt. Vorhandene Provenienzmerkmale werden dabei digital gesichert. Diese Daten sollen in die LDC und die Lost Art Datenbank übertragen werden um Rechtsnachfolger der ursprünglichen Besitzer:innen zu finden. Ziel des Projektes ist es, so viele Bücher wie möglich zu restituieren.
Das Projekt wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, der Moses Mendelssohn Stiftung und Herrn Manfred Wolff gefördert.
Das Forschungsprojekt „Buchbestand Ernst Wolff“ wird fortgesetzt. In den ersten beiden Jahren sind die Bücher zunächst bibliothekarisch und archivalische erfasst und auf vorhandene Provenienzmerkmale untersucht worden. Dabei konnten 150 Namen von
Jüdinnen und Juden ermittelt werden, die von den Nationalsozialisten enteignet, deportiert und ermordet worden sind. Der Schwerpunkt der weiteren Forschung liegt nun auf der Recherche zu den Verfolgungs- und Verlustumständen. Anhand der Bücher wollen wir die Lebensgeschichten von Menschen rekonstruiert und an sie erinnern. Die Ergebnisse werden in den Datenbanken Looted Cultural Assests (LCA) und Lost Arts (LA) erfasst, um Nachfahren die Recherche nach Vermögensgegenständen ihrer Familien zu ermöglichen. Am Ende der
Projektlaufzeit sollen die Ergebnisse im Rahmen einer wissenschaftlichen Konferenz präsentiert werden.
Das Projekt wird gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, der Moses Mendelssohn Stiftung Berlin und dem Stifter Manfred Wolff.
Restitution im Rahmen des Buchprojektes "Buchbestand Ernst Wolff"
Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen
Restitution von Büchern des berühmten Berliner Anwalts Ludwig Chodziesner an seinen Urenkel Paul Chodziesner
Als dem erfolgreichen Rechtsanwalts Ludwig Chodziesner nach 45 Jahren seine Zulassung am 13.7.1936 entzogen wurde, war das der Beginn seiner vollständigen rechtlichen und menschlichen Vernichtung. Im Januar 1939 wurde er hochbetagt gezwungen, mit seiner Tochter Gertrud Kolmar in ein Judenhaus zu ziehen. Seine Villa wurde zwangsverkauft. Zwei Tage vor seiner Deportation musste Ludwig Chodziesner am 7. September 1942 die sog. „Vermögenserklärung“ ausfüllen, in der auch ein Bücherschrank aufgeführt ist. Am 9. September 1942 wird er nach Theresienstadt deportiert, wo er am 13. Februar 1943 gestorben ist.
Ein „Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch“ (J.J. Heines Verlag Berlin) aus dem Jahr 1894, „Homers Odyssee“ aus dem B.G. Teubner Verlag, ein Baedecker Reiseführer über die Schweiz aus dem Jahr 1913, ein Griechisch-Deutsches Schul-Wörterbuch aus dem B.G. Teubner Verlag Leipzig von 1879 und andere Bücher hat Ernst Wolff bei Aufräumarbeiten 1945 in der Synagoge am Fraenkelufer gefunden. Sie werden im Rahmen eines vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste, der Moses Mendelssohn Stiftung und Manfred Wolff geförderten Forschungsprojektes zum „Buchbestand Ernst Wolff“ erforscht. Die Moses Mendelssohn Akademie hat sich zum Ziel gesetzt, die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer anhand von Namenseinträgen, Exlibris und anderen Annotationen zu identifizieren möglichst viele Bücher an deren Rechtsnachfolgerinnen oder Rechtsnachfolger zu restituieren.
Paul Chodziesner ist der erste Nachfahre eines durch die Nationalsozialisten enteigneten Juden, dem die Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt am 14. Februar 2024 Bücher seines Urgroßvaters zurückgeben kann. Für Paul Chodziesner und seine Familie ist das ein sehr bewegender Moment: „Je mehr die Geschichte beleuchtet wird, desto mehr versteht man, durch was meine Vorfahren gegangen sind.“, sagt er anlässlich der Bücherübergabe.
Die Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt ist froh, dass sie über dieses Forschungsprojekt den Nachfahren von während des Nationalsozialismus enteigneten Jüdinnen und Juden ein Stück Familiengeschichte zurückgegeben kann.
Bilder
Im Folgenden finden Sie verschiedene Bilder und Videos zu dem Projekt.
Buchprojekt Wolff:
Restitution von Büchern des Berliner Anwalts Ludwig Chodziesner an seinen Urenkel Paul Chodziesner.
Links: Ernst Wolff
Rechst: Paul Chodziesner
„Für uns ein sehr bewegender Moment. Wir geben damit ein Stück der Familiengeschichte zurück“
Auszug aus der Rede von Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Vorstandsvorsitzender der Moses Mendelssohn Stiftung
Rede der Projektkoordinatorin, Frau Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen, Direktorin der Moses Mendelssohn Akademie.
Buchbestand der restituiert wurde.
In unserer Online-Datenbank können Sie in Zukunft nähere Informationen zu den Gegenständen in unserer Sammlung finden.
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